Und es geht doch: Die rückwirkende Befreiung eines Syndikusrechtsanwalts für Zeiten ohne Anwaltszulassung.

Terminbericht SG Karlsruhe, S 6 R 657/18, 08.04.2019

Die Konstellation war unter Fachleuten mehrfach Gegenstand von Diskussionen, auch wenn sie sicherlich nicht allzu häufig in der Praxis vorkommt und obgleich die Gesetzeslage eigentlich kaum eine andere Entscheidung zuließ: Ein Rechtsanwalt wird Mitte der 1990er Jahre mit Zulassung durch das Justizministerium des Landes Mitglied der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer und zugleich des Versorgungswerks. Er wechselt kurz darauf in ein Anstellungsverhältnis und erbringt dort anwaltliche Dienstleistungen für seinen nichtanwaltlichen Arbeitgeber. Er verzichtet auf die Rechte aus der Zulassung als Rechtsanwalt und ist nach Widerruf nicht länger als Rechtsanwalt zugelassen und auch nicht mehr Mitglied der örtlichen Rechtsanwaltskammer. Er bleibt aber freiwilliges Mitglied des Versorgungswerks, in welches zunächst weit über ein Jahrzehnt der ehemalige Rechtsanwalt selbst und später der Arbeitgeber Beiträge abführen.
Anfang 2015 später zahlt und meldet der Arbeitgeber fortan an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV).

Der Kläger beantragt im März 2016 die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für die seit 1995 ausgeübte Tätigkeit im Unternehmen und wird als Syndikusrechtsanwalt durch die zuständige Rechtsanwaltskammer zugelassen.

Er beantragt vor dem 02.04.2016 Befreiung und rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, die er im Widerspruchsverfahren bis zum Datum des Eingangs seines Antrags auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer (§ 46a Abs. 4 Nr. 2 BRAO) auch erhält. Die beantragte Rückwirkung bis zum Beginn seiner Tätigkeit im Unternehmen im Jahre 1995 verweigert die DRV, woraufhin der Kläger den Unterzeichner einschaltete.

Das Sozialgericht Karlsruhe hat am 08.04.2019 über den Fall verhandelt und der Klage voll stattgegeben. Dies zu Recht, auch wenn es zunächst merkwürdig klingt: Eine Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und damit einhergehend eine Zulassung als Rechtsanwalt ist für die Rückwirkung der Befreiungsentscheidung nicht notwendig und zwar ungeachtet des Zeitraums, den die rückwirkende Befreiung überbrücken soll. Voraussetzung einer solchen Rückwirkung der Befreiungsentscheidung sind nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI ein Antrag auf Rückwirkung und eine ununterbrochene Mitgliedschaft im Versorgungswerk (egal welcher Art) und für die Rückwirkung vor den 01.04.2014 zurück die Zahlung einkommensbezogener Beiträge in die berufsständische Versorgungseinrichtung (§ 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI).
Es ist absehbar, dass die DRV sich mit der Entscheidung nicht abfinden und wieder einmal den Instanzenzug bemühen wird, egal wie klar die Rechtslage ist und wie exotisch der Fall auch sein mag…

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Rechtsanwalt Tilman Winkler berät und vertritt Syndikusrechtsanwälte und Syndikusrechtsanwältinnen sowie Syndikuspatentanwälte und Syndikuspatentanwältinnen in Fragen der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
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Rechtsanwalt Tilman Winkler ist in der Kanzlei Haberbosch & Straub außerdem für Fragen des Anwaltsregresses und des Gebührenrechts der freien Berufe Ihr Ansprechpartner, er ist im Nebenberuf Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Freiburg.

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